München ist eine der reichsten Städte Deutschlands. Aber immer mehr Menschen sind von diesem Wohlstand ausgeschlossen. Das betrifft auch die Familien, die wir betreuen. Lange Bearbeitungszeiten durch Behörden schaffen zusätzliche Probleme - und beeinträchtigen unsere Arbeit in der Jugendhilfe.

 

Etwa jede sechste Person lebt in München unterhalb der Armutsschwelle. Besonders betroffen sind Alleinerziehende und Familien mit drei oder mehr Kindern. Die Folge: Kinder und Jugendliche sind in der persönlichen Entfaltung und Entwicklung eingeschränkt, sozial benachteiligt und hinsichtlich Bildung, Wohlergehen, Gesundheit, Wohnen, Freizeit und Konsum unterversorgt. Das Erleben von Armut geht zudem mit großer Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit einher - und das meist über Generationen hinweg.

 

Unsere Ambulanten Erziehungshilfen (AEH) sind eigentlich ein Angebot der Jugendhilfe und richten sich an Kinder und Jugendliche und deren Familien. Unsere Sozialpädagog*innen unterstützen bei der Haushaltsorganisation, entwickeln gemeinsam Strategien, um Konflikte zu lösen, und helfen bei Schulschwierigkeiten oder Verhaltensauffälligkeiten. Immer mehr unserer Klient*innen haben mittlerweile aber auch große finanzielle Sorgen.

 

Immer häufiger unterstützen wir Familien dabei, finanzielle Hilfen zu beantragen

 

Solche existenziellen Nöte haben nicht nur negative Auswirkungen auf das Familienleben, sondern beeinflussen auch die Arbeit unserer Fachkräfte. Immer häufiger unterstützen wir Familien dabei, finanzielle Hilfen zu beantragen und vermitteln sie an Jobcenter oder Sozialamt. Die Erreichbarkeit dieser Behörden und die Bearbeitungsdauer von Anträgen haben sich allerdings massiv verschlechtert. Wenn sich die Auszahlung von dringend benötigten Leistungen verzögert, bringt das Familien aber immer wieder in echte Not. Viele Eltern versuchen dann zu sparen, selbst bei Lebensmitteln oder medizinischer Versorgung, oft häufen sich aber schnell Schulden an.

 

Besonders ärgerlich ist es, dass manche Anträge missverständlich sind. Oftmals sind die Formulierungen so kompliziert oder unklar, sodass sie nicht von allen korrekt ausgefüllt werden können, was dann zu Verzögerungen führt. Unsere Fachkräfte versuchen deshalb zu unterstützen, bevor Anträge von Behörden abgelehnt oder aufwendig nachbearbeitet werden müssen.

 

Für unseren pädagogischen Auftrag bleibt weniger Zeit

 

Dank der Ausstattung unserer AEH mit einem flexiblen Betreuungsbudget durch die Stadt München ist es uns immerhin möglich, bei akuten finanziellen Engpässen zu helfen. So können wir Familien kurzfristig mit Lebensmitteln, Kleidung, Schulmaterialien oder auch einem Kindersitz fürs Fahrrad unterstützen. Auch Freizeiterlebnisse, beispielsweise Eintrittskarten für einen Familienausflug, können wir immer wieder finanzieren, um die soziale Teilhabe von Kindern und Jugendlichen zu sichern.

 

Allerdings geht das natürlich auf Kosten unseres eigentlichen pädagogischen Auftrags. Bisweilen können Behördengänge durch Ehrenamtliche begleitet werden, in der Regel übernehmen solche Aufgaben aber Sozialpädagog*innen. Und je mehr sie bei finanziellen Belangen und dem Austausch mit den Behörden unterstützen müssen, desto weniger Zeit bleibt dann für die Beratung und die ambulante Erziehungshilfe.