In Deutschland sind etwa 200.000 Frauen wohnungs- und obdachlos, darunter auch immer mehr ältere. Eine von ihnen berichtet über das nicht ungefährliche Leben auf der Straße - und in unserer Einrichtung "Haus Bethanien".
Im Haus Bethanien in Obermenzing haben ältere, ehemals wohnungslosen Frauen, die sich selbst nicht mehr versorgen können, ein Zuhause gefunden. Sie erhalten hier Hilfe im pflegerischen und hauswirtschaftlichen Bereich, sozialpädagogische Betreuung und psychologische Unterstützung. Seit vier Jahren lebt auch Frau A. bei uns. Sie sei wegen Schwarzfahrens im Gefängnis gewesen, habe dann die laufenden Kosten nicht mehr bezahlen können und ihr Zuhause verloren, berichtet sie über den Beginn ihrer Wohnungslosigkeit.
Die Geschichte von Frau A. ist nicht ungewöhnlich: Viele Gefängnisinsassen haben nach der Entlassung erst einmal keine Wohnung mehr. Zumal in München, wo die Mieten kaum bezahlbar sind. Allerdings sind nur sehr wenige von ihnen weiblich. Einer der Hauptgründe für Wohnungslosigkeit bei Frauen sind Gewalterfahrungen im eigenen Zuhause. Auch auf der Straße sind sie in besonderem Maße gefährdet. Etwa ein Drittel der wohnungslosen Frauen ist sexuellen Übergriffen ausgesetzt oder wird vergewaltigt, bei Frauen, die auf der Straße leben, sind es sogar mehr als die Hälfte.
Frau A. hat lange auf der Straße gelebt, übernachtet habe sie im alten Botanischen Garten am Hauptbahnhof – mit Matratze und Schlafsack und gemeinsam mit einer Schicksalsgemeinschaft. „Wir hatten drei Männer dabei, die haben immer aufgepasst“, sagt sie. In der Teestube und bei St. Bonifaz konnten sie essen, duschen und kochen für sich und andere wohnungslose Menschen, „weil ja auf der Straße keiner was hat“. Notschlafstellen hat Frau A. gemieden. Zum einen wegen der frischen Luft, zum anderen aus Angst vor Streit mit 20 anderen Menschen im Zimmer.
Notschlafstellen sind oft nicht nach Geschlecht getrennt, viele Frauen fühlen sich hier nicht wohl. Der SkF bietet mehr als 500 Schlafplätze nur für Frauen und Kinder. Frau A. kam durch die Vermittlung eines Geistlichen zu uns. Nach zwei Jahren auf der Straße war sie schwer erkrankt. „Hier habe ich immer Urlaub“, sagt sie inzwischen über Haus Bethanien, wo sie bis zum Lebensende bleiben kann. „Es wird gekocht, Medikamente bekomme ich, Obst und Fleisch auch.“ Sie hilft gerne in der Küche mit und freut sich über ihre eigenen vier Wände, die Nasszelle, und die kleine Terrasse, weil sie, wie sie oft betont, hier zur Ruhe kommen könne. Nur an das wenige Geld, das sie zur persönlichen Verfügung hat, musste sie sich erst gewöhnen, und an die Auszahlungsabsprachen, damit sie ihre Schulden abzahlen kann. Auch das Zusammenleben mit den anderen Frauen sei nicht immer leicht, aber die Vorteile überwiegen für sie. „Ich fühle mich hier wirklich sicher“, sagt Frau A.
„Viele Frauen brauchen erst einmal einen sichereren Ort und Stabilität, bevor sie sich öffnen und psychologische Hilfe in Anspruch nehmen können, um herauszufinden, was in ihrem Leben schiefgelaufen ist“, erklärt Psychologin Susanne Eichinger, die im Haus Bethanien die Frauen betreut. Frau A. drückt das so aus: „Wenn ich hier Hilfe brauche, muss ich nur den Mund aufmachen.“ In Haus Bethanien habe sie lebenslang bekommen. „Und das erste Mal fühlt sich lebenslang glücklich an!“