Eine Frau in einer Gefängniszelle
Bis zu 90 Prozent der Gefängnisinsassinnen leiden unter einen psychischen Störung.

Immer mehr Frauen im Gefängnis sind psychisch erkrankt. Doch es fehlt an ausreichend psychiatrischer Versorgung dort. Die Folge: Viele Insassinnen werden unbehandelt in die Freiheit entlassen.

 

Studien zu Folge leiden etwa 60 bis 90  Prozent der inhaftierten Frauen an einer psychischen Störung, etwa die Hälfte der inhaftierten Frauen sind suchtkrank. Manche Insassinnen leiden unter schweren Depressionen oder haben Angststörungen und Panikattacken, andere fühlen sich verfolgt. Auch posttraumatische Belastungsstörungen spielen eine immer größere Rolle, mehr als die Hälfte der Frauen hat Gewalterfahrungen in der Kindheit gemacht (zum Vergleich: bei der Gesamtbevölkerung sind es zehn Prozent).

 

Doch nur wer zum Zeitpunkt der Tat psychisch so krank oder suchtabhängig war, dass er/sie als schuldunfähig eingestuft wurde, kommt in eine sogenannte forensische Klinik. Alle anderen müssen ihre Haft in normalen Gefängnissen verbringen. Doch hier fehlt es an ambulanten Therapieplätzen, stationären Unterbringungsmöglichkeiten, psychiatrischer Versorgung und Fachpersonal. Dabei haben Inhaftierte den gleichen Anspruch auf eine adäquate medizinische Versorgung wie Menschen außerhalb eines Gefängnisses.

 

Der SkF München betreut seit vielen Jahren Frauen vor, nach und während der Haft. In der Beratung vertrauen sich die Insassinnen oft unseren Mitarbeiterinnen an und erzählen manchmal zum ersten Mal von traumatischen Erlebnissen oder berichten über ihre Symptome. Unsere Sozialpädagoginnen hören den Frauen in dem Wissen zu, dass sie danach wieder alleine in ihrer Zelle sind und eine adäquate Versorgung häufig nicht sichergestellt ist. Die Wartezeit für ein Gespräch bei Anstaltspsychiater*innen ist sehr lang. Zudem wollen sich viele Frauen hier nicht anvertrauen. Eine Therapie außerhalb des Gefängnisses ist zwar möglich, aber sehr aufwendig zu beantragen.

 

Häufig werden die Inhaftierten dann unbehandelt wieder in die Freiheit entlassen, zum großen Teil in prekäre Lebensverhältnisse. Das überfordert viele und verstärkt die psychische Belastung. Neue Probleme wie die Regelung der Finanzen, die Suche nach einer Wohnung und einer Arbeit wirken destabilisierend. Nur selten gelingt ein nahtloser Übergang vom Gefängnis zum Beispiel in eine Einrichtung des Gesundheitssystems. Voraussetzung hier ist, durchgängig krankenversichert zu sein. 

 

Fachverbände der Straffälligenhilfe, aber auch Psychiater*innen fordern deshalb ein Umdenken in der Versorgung psychisch kranker Menschen in Haft. Mitarbeitende im Frauenvollzug brauchen Kenntnisse über Krankheitsbilder, Traumafolgestörungen und die dazugehörigen Verhaltensweisen (erhöhtes Suizidrisiko, Selbstverletzung, Gewalt). Denn die Behandlung der psychischen Störung einer Inhaftierten dient immer auch der Prävention und damit der Vermeidung weiterer Straftaten.

 

Zum Teil kooperieren psychiatrische Krankenhäusern und Gefängnisse natürlich schon. Aber in vielen Fällen reicht eine ambulante Versorgung eben nicht aus. In Berlin gibt es eine psychiatrische Abteilung in der JVA Moabit mit einer Tagesklinik und ambulanten Behandlungsplätzen. Auch für Bayern, wo Frauen vor allem in der JVA München und Aichach untergebracht sind, wären solche Einrichtungen wünschenswert.